LEAN Management im Unternehmen etablieren - Praxistipps

by Peter
4 Minuten
LEAN Management im Unternehmen etablieren - Praxistipps

Wer schon das eine oder andere Mal in modernen Industrie-Unternehmen gearbeitet hat, dem wird das Konzept von LEAN sicherlich bekannt sein. Es ist eine Managementtheorie, bei der Unternehmen darauf ausgerichtet werden ihre Prozesse permanent zu verschlanken und dabei gleichzeitig die Kapitalbindung zu reduzieren. Klingt in der Theorie einleuchtend, doch wie setzt man es in den Betrieben um? Aus eigener Erfahrung kann ich hierzu einige Beiträge leisten. Als Controller im Industrieunternehmen waren wir von LEAN und Six Sigma geradezu durchzogen. 

Was ist LEAN Management?

Bei diesem Konzept geht es darum jegliche Verschwendung von Zeit, Weg, Rohstoff oder sonstigem Material zu vermeiden. Gleichzeitig ist es eines der wichtigsten Anliegen die Kapitalbindung zu reduzieren. Vermeidung von Vorräten, Verkürzung von Durchlaufzeiten und vor allem Just-in-Time Produktion sind die Mittel dazu. Wie ist das gelungen?

Prozessanalysen

In meiner damaligen Firma wurden Leute zu Six-Sigma-Green-Belts ausgebildet. Sie verfügten über die passende Ausbildung, um solche Analysen durchzuführen. Zunächst wurden alle Abläufe in Unternehmen durchleuchtet und aufgezeichnet. Nach dem Schema: Ein Kunde ruft an und möchte von Produkt X eine bestimmte Menge haben. Man schaute sich ab diesem Moment jegliche Aktivität an: 

  • Wer meldet an wen?
  • Wer verschickt welche Dokumente?
  • Wie gelangt die Bestellung an alle notwendigen Stellen?
  • Wie verläuft die Umsetzung in der Produktion?
  • Was passiert im Lager?
  • Was passiert mit den fertigen Erzeugnissen?
  • Wie erfolgt der Transport und die Abwicklung?
  • Wann fließt das Geld?

Vom ersten Anruf bis zur Bezahlung der Rechnung wurden alle Abläufe und Abhängigkeiten in den Abteilungen ermittelt. Sie wurden in Flowcharts verzeichnet. Angesichts der großen Menge an Infos, braucht man hierfür die geeigneten Kommunikationsmedien. Ich erinnere mich, dass die Six Sigma Leute riesige Mengen von Tafeln oder Flipcharts in den unterschiedlichsten Formaten aufgestellt hatten, um alles gleichzeitig überblicken zu können. Für sie wurde extra ein großer Raum eingerichtet. 

Im Anschluss wühlten sie jeden einzelnen Schritt durch. Wo auch immer sie Möglichkeiten Arbeitsschritte zu verkürzen, da wurden sie vereinfacht. Man stellte zum Beispiel fest, dass durch eine Umordnung der Regale im Lager die Stapler deutlich weniger Fahrten machen mussten. So wurden am Tag mehrere Minuten eingespart. Aufs Jahr gesehen waren das tausende von Euro. Eine Sache von vielen war das.

In der Produktion unterzog man die größten Zeitfresser einer Untersuchung. Durch Trainingsmaßnahmen und die Umorganisation einiger Schritte wurde auch dort so manches beschleunigt. 

Working Capital Reduktion

Aktiva jeglicher Art benötigen auf der Passivseite der Bilanz eine Finanzierung durch Eigenkapital oder Fremdkapital. Banken und Investoren sind jedoch knausrig. Zudem verlangen sie hohe Zinsen. Daher war es ein Ziel Forderungen, Halbfertigerzeugnisse und Lagerbestände zu reduzieren. 

Um das zu erreichen, wurden zum Beispiel Tabellen an den Vertrieb verteilt. Mit ihrer Hilfe konnten sie nachrechnen, welchen Trade Off sie der Firma zufügen, wenn sie einen Rabatt geben oder ein längeres Zahlungsziel. Häufig war es so, dass ein hoher Skonto für frühe Zahlungen deutlich besser war für das Working Capital als ein paar Tage mehr Frist. 

In der Produktion wurden Trainings durchgeführt, um die Umrüstzeiten der Maschinen zu verkürzen. Allzu gerne hatten die Fabriken vorher Produkte für Kunden in großen Losen gefertigt und sie auf Lager gelegt. Doch auf diesem Wege wurden Millionen von Euro an Kapital gebunden. Durch die Umrüstung standen die Maschinen zwar immer wieder etwas länger still. Doch die Trainings reduzierten diese Zeiten und fortan wurde nur noch Just in Time produziert. Sofort sank das Working Capital im Lager massiv ab. 

In der Debitorenbuchhaltung wurde das Personal etwas aufgestockt. Wie die Geier stürzten sie sich auf jeden Kunden, der nur einen Tag zu spät zahlte. Auf diesem Wege wurden ab dann Gelder im Durchschnitt ein paar Tage schneller eingetrieben. Auch so wurden nochmals Millionen Euro gebundenes Kapital freigesetzt. 

Es gibt auf jeden Fall einfache und schnell wirksame Maßnahmen. Manche wiederum bedürfen umfangreicher Umorganisationen.